„ICH BIN KÖNIG/KÖNIGIN“ - ein interaktives Kunstprojekt, 2015


Den Hintergrund der eigenen Inszenierung als König zu beleuchten ist ein relevanter Teil dieses Gesellschaftsprojekts, weil er dem meist unsichtbaren, dem Zugewanderten abgesprochenen, aber zumindest geminderten Wert seiner Persönlichkeit Öffentlichkeit verleiht. Jede(r) ist mit der Frage „Was war ein Königsmoment in deinem Leben?“ konfrontiert.


Auszug aus den transkribierten Interviews:

Najibeh

„Ungefähr vor zwei Monaten, wo ich eine Nachricht von meinem Sohn bekommen habe. [...] ich habe meinen Sohn ungefähr seit Zweitausend nicht! gesehen, da hab ich noch zwei Jahre mit meinem Sohn Kontakt gehabt, dann war wieder der Kontakt abgebrochen und vor zwei Monaten hat er mir geschrieben – das war genau der Moment, wo ich mich wirklich so wie eine Königin gefühlt habe ... das war der schönste! Moment in meinem Leben und das werde ich nie! in meinem Leben vergessen.“


Ina
„Als ich in Afrika war – mein Vater ist der König meines Dorfes ... und ich weiß eine Menge über das Leben von Königen – als ich klein war, hat mein Vater mir gesagt ... irgendwann ... werde ich diesen Platz einnehmen ... wenn ich hart arbeite ... wenn ich hart arbeite für mich und auch für Verwandte ... Gutes tue ... mich gut verhalte ... eines Tages werde ich diesen Platz einnehmen ... mein Vater ist König, für mein Dorf – also habe ich einen Traum ... eines Tages ... dass ich dort sitze ... nicht nur in der Tradition ... der christlichen ... ich bin Christ – die Christen dort sind sehr ehrgeizig ... da gibt es Leute ... die sind verehrt ... ich verehre sie ... für mein eigenes Dorf, woher ich komme ... [aber] ich glaube nicht an Gott ... ich bete nicht zu Gott ... und wenn ich es werde ... ohne Gott ... habe ich den Traum ... dass eines Tages, ich den Platz als ein König! einnehmen werde - als ein König ohne Gott ... ich verehre ihn nicht ...“

Übersetzung aus dem Englischen


Heidi

„In meinem Berufsalltag helfe ich Menschen – und immer, wenn mein Angebot an Hilfe funktioniert, und ich Entwicklung bei den Menschen sehe, dann fühle ich mich königlich.“


Nicole

„Als Königin wäre ich dafür da, um anderen Leuten zu helfen – in der Schule helfe ich auch sehr viel, wenn jemandem etwas 'runterfällt oder sowas ... beim Tragen ... oder ... wenn sich jemand verletzt hat – Manchmal helfe ich auch meiner Mutter, wenn sie krank ist ... dann helfe ich ihr, dass sie nicht die Arbeit machen muss.“


Surab

„Ich habe gefühlt, die Glücklichste meiner Zeit war, als ich ... erfahren habe, als ich verstanden habe, dass es einen Gott gibt ... er beherrscht der ganze Universum, aber er ist sehr lieb und sehr gnädig und dieser Moment war für mich sehr, sehr wichtig ... besser als jede königliche Würde oder Gefühl das man beherrschen kann. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt in schwierigen Situationen – nur manchmal gibt es kleine Ausrutscher ...“


Melek

„Eigentlich fühl ich mich immer wie eine Königin, weil meine Eltern mich wie eine Königin behandeln, weil ich die Jüngste bin und weil ich die Jüngste von den Zwillingen bin und auch von den Kindern. Deswegen fühle ich mich immer wie eine Königin ... ich werd immer so behandelt.

Wenn ich was will, dann bekomm' ich es auch sofort! von meinen Eltern ... auch von meinen Geschwistern. Also in der Familie bin ich! die Königin! [...]“


Norbert

„König? Sicher net. Ich hab immer was gegen Könige gehabt, weil das die Vorfahren der Diktatoren waren. Das waren ja auch Diktatoren im siebzehnten, achtzehnten Jahrhundert. Die Heutige sind etwas feiner, aber es muss auch nach ihrem Kopf gehen.

Und wenn schon ein Mensch auf die Welt kumme und es heißt, er bleibt des, und wird des und jedes Wort ist zu respektieren – da hab ich was dagegen. Ich meine, der Mensch sollte um seine Stellung, um seinen Respekt kämpfen, dass er des ... beweisen kann, dass er dies und jenes denkt.

Wenn ich heut‘ Morgen in der Zeitung lese, man wartet auf den Prinz von England, und wenn der als Ritter vierte Person ... dann is‘ er schon was Besonderes ... und des, hab‘ ich bissel was dagegen.

Ich hab‘ eine Sternstunde, wo ich geheiratet hab‘ ... wo man sich kennen gelernt hat ... wo man poussiert hat. Das war Neunundfünfzig, Sechzig und Zweiundsechzig habe mer geheirat’. Und Zwölf habe mer Fünfzigjähriges gefeiert."


Féenose

„Es gibt einen Moment als ich klein war ... es geht um Frauenverstümmelung ... Beschneidung ... leider bin ich ein Opfer davon ... nicht die Eltern haben mir das angetan ... ich war auf einer Reise ... im Dorf ... und dann hat ein Onkel gedacht, dass wäre eine sehr gute Idee ... dann ... mich ... ja. zu verstümmeln

Ich hab das Glück gehabt, dass ich nicht! gestorben bin ... aber ich war kurz davor zu sterben ... mit fünf Jahren ist mir das passiert – als die Eltern das erfahren haben ... das ist zu spät gewesen ... die konnten auch nichts dazu.

Ich hab eine Zeit lang gebraucht, dass ich mit meinen Eltern darüber reden konnte ... Zweitausendelf ... habe ich mein Lied Confidence geschrieben ... wo ich endlich! mal ganz offen! darüber rede ... erstmal, als ich den Text geschrieben habe, habe ich das meiner Mutter, meinen Eltern geschickt – Da wurde denen das eigentlich klar, dass ich das nicht vergessen habe ... die hatten Angst mit mir darüber zu reden, weil sie gedacht haben, als Kleine hab ich das vergessen ... aber nein! sowas kann man nie vergessen ... und dann haben wir ganz offen darüber geredet ... das war eine ganz große Erleichterung für mich gewesen ... das Lied 'rüber zu bringen – ich habe ein Stück erreicht in meinem Leben .. Ja.“

Übersetzung aus dem Englischen



Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen. Das Projekt wurde durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert.